Nur eine Sekunde Liebe – wir vergessen euch nicht.
Streitschrift und Kondolenzschreiben für Mastschweine

Morgen ist Weihnachten. Das Fest der Liebe. Diese Zeilen widme ich jenen, die nicht nur morgen sondern das ganze Jahr in Dunkelheit verbringen müssen, eng eingesperrt, ungesehen bis zu ihrem grausamen Lebensende. Ich sehe euch. Eine Streitschrift und ein Kondolenzschreiben an jene, die nicht eine Sekunde ihres Lebens Liebe erfahren dürfen, ja, nicht mal einen Strahl Sonnenlicht.

Vor Jahren bekam ich die „Chance“ einen Schweine – Mastbetrieb zu besuchen. Im heiligen Land Österreich, in dem alle Schweine auf der Weide gehalten werden und den Acker umgraben dürfen, im heiligen Land Österreich, wo das Ja natürlich-Schweinchen mehrmals täglich laut auf allen Kanälen verspricht, dass es all seinen Kumpanen saugut geht. Lüge. Bitte denken. Würden alle Schweine die Herr und Frau Österreicher zu sich nehmen tatsächlich frei leben, müsste Österreich damit voll sein. Nur – wo sind sie? Ich seh sie nicht. Irgendwie müssen sie – wenn man genau nachdenkt – irgendwo zusammengequetscht versteckt sein.

Nun gut, mit dem Vorwand einen „vorbildlichen“ Betrieb anzusehen, stiegen wir in unsere „Schutzanzüge“ und betraten die Fleischfabrik. Da waren mehrere Räume, uns war der Zutritt zu zweien erlaubt. Denen, die Tageslicht hatten. Die Schweine schauten mich an. Bei jedem Atemzug horchten sie. Auf jede Bewegung reagierten sie, diese wundervollen intelligenten Geschöpfe. Ihre 5×5 Buchte war dreckig und lieblos. Manche waren verletzt. Ich kniete mich nieder und streckte meine Hand nach ihnen aus. Sie wichen erschrocken zurück. Das ist für mich immer ein Zeichen von Verängstigung und ein Hinweis auf den Umgang des Besitzers mit seinen Tieren. Die Labertasche von Bauer erzählte stolz von seinem Betrieb, ich hörte nicht zu. Ein paar Schweinchen kamen nach ein paar Minuten zu mir und ich durfte ihre Steckdosenschnauze berühren. Sie grunzten. Ich sah in ihre zutiefst menschlichen Augen und weinte vor Glück. „Es tut mir leid“ war in meinem Kopf und ich flüsterte es unentwegt. Sie waren neugierig. Am Leben eben, wie du und ich. Nur um 100 Kilo schwer zu werden, abtransportiert und geschlachtet zu werden. Ihre Augen, auf jedem Bild eines Schweines faszinieren mich ihre Augen. Es gibt keinen Unterschied zu menschlichen Augen. Man sieht ihre Neugier, ihren Lebenswillen aber auch die Angst, man sieht auch Schmerz.

Ich musste weiter, wurde sozusagen weitergetrieben. In den Raum nebenan. Der Raum, der mir bestätigte dass kein Bissen Fleisch dieses Leid wert ist. Da waren die Muttersauen nebeneinander eingepfercht in Kastenstände. Ja, so wie in den Horrorvideos die man sieht und sich denkt: „Eh nicht bei uns, niemals, das ist nur in irgendwelchen Ostblockländern. Oder in Amerika.“ Nein, bei uns. In einem Bio – „Vorzeige“betrieb. Kastenstände sind Eisengestelle, die die Muttersauen davon abhalten ihren Nachwuchs zu erdrücken. Um noch mehr Schweine verlustfrei produzieren zu können. Gesetze besagen zwar dies sei verboten bzw. nur eine bestimmte Zeit erlaubt, aber diese zu umgehen ist mMn ebenso einfach wie die Anbindehaltungsregelung der Milchkühe (wo der Bauer nur „Angst“ haben muss vor seinem „Vieh“ um eine dauerhafte Anbindung zu rechtfertigen). Man muss bedenken: auch diese Mütter sind nicht freiwillig schwanger geworden, ebensowenig wie die Mutterkühe. Sie wurden von einem Perversling namens Bauer besamt bzw. gibt es einen Zuchteber, der seinen Zweck erfüllen muss. Vor der Geburt werden die Sauen dann in diese Kastenstände gesperrt. Sie können sich nicht nach links oder rechts bewegen, nur ein paar Zentimeter nach vorne.

Als ich den Raum betreten habe sind mir als erstes einige rumstehende Medikamente aufgefallen. Ich habe nicht genauer hingesehen. Dann hab ich die Ferkelchen bemerkt. Einen Tag alt. Sie sind rumgesprungen, ein zartes Grunzen und Quieken, sie waren so sauber, so schön, so weich, ein Wunder, ja das Wunder des Lebens! Ich musste lächeln. Mein Herz erfüllte sich gleichzeitig mit Freude über das Ereignis der Geburt und neuen Lebens und aber auch mit Trauer und Wut, dass dieses Leben produziert wurde um 100 Kilo schwer zu werden. Die Muttersau versuchte ständig sie zu erreichen, konnte aber nicht da sie eingesperrt war. Auch hier – ganz gleich wie bei den Kühen – kann man das starke Bedürfnis der Mutter sehen mit ihren Babies in Kontakt zu sein, sie abzulecken. Der Mensch verweigert ihr dieses. Ich konnte meine Tränen nicht mehr aufhalten. Die Ferkelchen waren fröhlich, neugierig auf ihr Leben, sie werden so getäuscht. Sie haben keine Chance, ihr Leben endet mit einem Verbrechen. Der Bauer kam von der Seite an mich heran und sagte: „Was hasch denn Madl, denen gehts eh so gut.“ Alles was ich sagen hätte können wäre niemals angekommen. So sagte ich nur: „Ich sehe sie sind teilweise verletzt.“ „Ah geh, de heben des scho!“ Was ich ihm wünschen würde, was er von mir aus „heben“ müsste möchte ich nicht erwähnen. Er ist jedenfalls nur der Handlanger der ausführt was die Konsumenten bezahlen. Er tut dies zwar nicht mit Sorgfalt, gäbe es aber keine Nachfrage, würde er es gar nicht tun. Deshalb ist eine Projektion oder Hass hier fehl am Platz. Er ließ dann von mir ab und ich versuchte den Schweinen wieder zu sagen, wie sehr es mir leid tut. Ich war am Boden zerstört, obwohl … ich es ja wußte.

Als wir rauskamen und der Bauer noch weiter mit seiner dicken Bauersfrau mit den roten Backen prahlte welch vorbildlicher Betrieb sie wären, ich zeitgleich aus dem Schutzanzug stieg, kamen meine Gedanken ins Laufen. Was kann ich tun? Informieren. Immer wieder aufzeigen, wie sehr die Fleischindustrie uns vergaukelt. Die Menschen motivieren, sich zu informieren. Kindern die Wahrheit sagen. Wie ehrlich, authentisch und wertvoll wäre eine Schulstundenreihe bzw. Erlebnisunterricht „Wo kommt mein Fleisch her?“ Ich meine damit nicht eine brutale Konfrontation, nicht mal die Aufklärung dass Fleisch gar nicht so gesund ist wie einem vorgemacht wird, einfach die Wahrheit über die Herkunft. Darauf hat wohl jeder Mensch ein Recht, um sich daraufhin zu entscheiden. Dazu gehört auch die Information, dass viele Schweine nach dem Gefängnis Mastbetrieb noch durch halb Europa gekarrt werden. Dass das einzige Sonnenlicht das sie je sehen das ist, welches sie aus der Luke des Tiertransporters sehen. Und übrigens, Tiertransporte sind genauso wenig eine Lüge oder werden dramatischer dargestellt als sie sind. Als Pendlerin an der Strecke Österreich – Italien kann ich mehrfach bestätigen dass diese grausamen Transporte stattfinden, in all der Unsorgfältigkeit und Hässlichkeit, wie sie Tierschutzorganisationen abbilden. Die machen das nicht um zu schocken oder Spenden zu eruieren. Die machen das weil es sie genauso berührt wie mich! Weil sie genauso verzweifelt sind und die Menschen informieren wollen, weil es scheinbar der einzige Weg ist, das Verbrechen nicht mehr zu unterstützen! Auch wenn es vielen „den Tag versaut“ solche Bilder zu sehen, was ja schon eine Aussage sondergleichen ist. Du kannst weg klicken oder die Wahrheit ausblenden. Was haben die Tiere für eine Wahl?

Ich verfolge mit großer Bewunderung Animals Angels, die genau solchen Transportern nachfahren und Gesetzeswidrigkeiten melden, auch wenn es den Beamten in den betreffenden Ländern oft egal ist und nichts passiert. Sie informieren uns darüber. Sie fahren auf Märkte in Nordafrika und Osteuropa und dokumentieren den grausamen Umgang mit Lasttieren und Nutztieren dort. Wenn Schweine mit Draht an der Schnauze gefesselt werden um sie zu verkaufen, ihnen die Kehle aufgeschlitzt wird, Pferde, die eh schon ausgehungert sind und eitrige Wunden haben gezwungen werden schwere Lasten zu tragen, Kühe liegend angebunden werden um sie zu begutachten. Ich bewundere sie so für ihr Durchhalten BEI den Tieren. Sie betonen dies immer wieder. Wir sind bei den Tieren. Bei vielen können sie nichts machen, müssen beim Ausbluten und Sterben zusehen, aber sie geben ihnen Namen, fotografieren und dokumentieren, sie lassen uns an ihrem Schicksal teilhaben, damit diese Tiere zumindest eine Sekunde Liebe erfahren dürfen.

Auch bei uns habe ich diesen rauhen Umgang mit Kälbern, Kühen und Schafen auf sogenannten „Viehschauen“ schon erlebt. Ihnen wird in die Nase ein Ring gehangen, daran ein Seil und die Bauern stolzieren zur Fleischbeschau damit herum. Oft wird gesoffen und gelacht. Die Kühe haben keine Chance sich weg zu drehen, der Bauer zieht sie immer zu sich her. Es tut ihnen weh. Wenn man bei so etwas zusehen muss fragt man sich wirklich, ob man zu schwach ist für diese Welt oder ob hier gerade was sehr Unrechtmäßiges passiert. Ebenso auf den Adventsmärkten und den vielen echten Pelzbesätzen. Es lässt einen schier verzweifeln, trotz all der Information immer noch auf soviel Ignoranz zu treffen. BEI den Tieren sein ist alles, was man tun kann. Und informieren. Immer weiter aktiv informieren. Von daher sind die Animals Angels Helden.

Daher, jetzt zu Weihnachten, dem Fest der Liebe (und das ganze Jahr) möchte ich diesen Beitrag  und meine Liebe denen widmen, die nicht an die Öffentlichkeit gezerrt werden sondern still leiden müssen, die bewusst versteckt werden um die Produkte ihres Mordes geschönt und gewinnbringend zu verkaufen. Euer Leben ist viel wert. Ich sehe euch, ich mache nicht halt bei Mauern, den Bauern, bei der Werbung, ich schaue dahinter und sage die Wahrheit. Ich möchte euch helfen. Ich informiere alle, die mir begegnen. Wenn ich mehr tun kann, tue ich das. Für jeden von euch eine Sekunde Liebe, von mir mehrere Milliarden Sekunden Liebe.

 

 

 

Mit folgendem Video frohe Weihnachten an all meine LeserInnen!

Ich danke euch von Herzen, dass ihr euch für meine Gedanken und wahrscheinlich auch für das Leben unserer Mitgeschöpfe und die Zukunft unserer Mutter Erde interessiert. Danke, dass ihr euch meine oft unangenehmen Zeilen durchlest in dieser Flut von Scheinheiligkeit und Oberflächlichkeit. Danke!

 

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